Seite separat anzeigen

Algebra der 2x2-Matrizen & Minkowski-Raumzeit

\fontsize{20} \fontfamily{'Times New Roman'} % schönste griech. Buchstaben \newcommand{\FN}{\footnote} \newcommand{\UL}{\underline} \newcommand{\UB}{\underbrace} \newcommand{\BE}{\begin{equation}} \newcommand{\EE}{\end{equation}} \newcommand{\TR}{Ⲧ} % Trace-Symbol \newcommand{\HC}[1]{#1^\dagger} \newcommand{\W2}{\frac 1{\sqrt 2}}

Die üblichen Regeln der Matrizen-Algebra (Assoziativität, Distributivität, Determinanten-Regeln usw.) gelten nat. auch hier.

Es sei eine beliebige 2x2-Matrix $P \DEF {\alpha,\gamma\choose\beta,\delta}$ aus 4 komplexen Zahlen $\alpha,\beta,\gamma,\delta$ gegeben.\\ Dann ist ihre Adjunkte ('bar'-Operation) definiert als $\bar P \DEF {\;\delta,-\gamma\choose-\beta,\;\alpha}.$ Diese Operation ist nur für 2x2-Matrizen linear.\\ Dafür gilt trivial $\bar P P = P\bar P = |P| I$ mit der Determinante $|P| \DEF\alpha\delta - \beta\gamma$ und der Einheitsmatrix $I\DEF {1,0\choose 0,1}$ und mit der Matrix-Inversen $ |P|P^{-1} = \bar P .$\\ $\TR(P) \DEF \alpha+\delta =\TR (\bar P)$ ist die Spur der Matrix $P$ und dafür folgt $P+\bar P= \TR(P) I$ und $\TR(P\bar P) = 2|P|.$ Für die Spur gilt eine zyklische Vertauschungsregel: $\TR( AB\cdots X) = \TR(B\cdots X A)$.\\ Die hermitesch konjugierte Matrix ('dagger'-Operation) ist $P^\dagger \DEF {\alpha^\ast,\beta^\ast \choose\gamma^\ast,\delta^\ast} $ als Kombination von komplex konjugierter und transponierter Matrix.\\ Es gelten folgende allg. Regeln für Produkte: $\overline{(P_1 P_2)} = \bar P_2\bar P_1$ und $(P_1 P_2)^\dagger = P_2^\dagger P_1^\dagger$ (Involution mit Vertauschung der Faktoren); und $\overline{\bar P} = P$ und $\HC{(P^\dagger)} = P.$

Die drei Pauli-Matrizen sind $ \sigma_1 ={0,1\choose 1,0},\; \sigma_2 ={0,-i\choose i,\;0},\; \sigma_3 ={1,\;0\choose 0,-1}$. Zusätzlich definieren wir $ \UL{\sigma_0 \DEF I} $.\\ Für die Indizees benutzen wir griech. und lat. Buchstaben als $\mu,\nu,\dots =0,\dots, 3 $ bzw. $ j,k,l,\dots = 1,2,3$. Damit gilt $\sigma_\mu^2 = I,\; \sigma_\mu^\dagger =\sigma_\mu $, $ \bar\sigma_0 = \sigma_0,\;\bar\sigma_k = -\sigma_k $, $ \sigma_1\sigma_2 = -\sigma_2\sigma_1 = i\sigma_3$ usw. (123-zyklisch), allgemein: $\sigma_i\sigma_j = \delta_{ij} I +i\epsilon_{ijk} \sigma_k$ mit dem vollst. antisymm. Tensor $\epsilon_{ijk}$. Daraus folgt eine Orthogonalitäts-Relation $\UL{\TR (\sigma_\mu\sigma_\nu) = 2\delta_{\mu\nu}}$, da $\TR(\sigma_0) = 2 $ und $\TR(\sigma_k) = 0$.\\ Die vier Matrizen $\sigma_\mu$ bilden eine Basis im Vektorraum der 2x2-Matrizen, dh jede Matrix $P$ kann in der Form $P = p_\mu\sigma_\mu = {p_0+p_3,p_1-ip_2\choose p_1+ip_2,p_0-p_3} $ mit vier komplexen Zahlen $p_\mu$ dargestellt werden. Die Abbildung des damit definierten 4-Vektors $p_\mu \Leftrightarrow P$ ist eineindeutig.\\ Die vier Basis-Matrizen erzeugen außerdem eine Minkowski-Metrik $\eta^{\mu\nu} = [1,-1,-1,-1]$ (als 4x4-Diagonal-Matrix) mittels $\TR(\sigma_\mu\bar\sigma_\nu) = 2\eta^{\mu\nu} $, wie aus obigen Formeln leicht zu zeigen ist.\\ Damit ist das lorentz-invariante Skalarprodukt zweier (beliebiger komplexer) 4-Vektoren $a_\mu,b_\mu$ mit $A\DEF a_\mu\sigma_\mu,\; B \DEF b_\mu\sigma_\mu$ definiert als $\fbox \, a_\mu b^\mu = a_\mu b_\nu \eta^{\mu\nu} \DEF \frac 12\TR(A\bar B),\,$ da $\TR(A\bar B) = \TR( a_\mu \sigma_\mu b_\nu \bar \sigma_\nu) = a_\mu b_\nu \TR(\sigma_\mu\bar \sigma_\nu) = 2 a_\mu b_\nu \eta^{\mu\nu}.$

Minkowski-Vektoren werden durch hermitesche Matrizen $M^\dagger = M \; (\DEF m_\mu\sigma_\mu)$ beschrieben, genau dann sind alle vier Komponenten $m_\mu$ reell, dh es gilt $M = {a,\, \eta^\ast \choose \eta,\, b} $ mit reellen Diagonalelementen $a \DEF m_0+m_3,\, b \DEF m_0 -m_3$ und $\eta \DEF m_1+im_2$. Die (ebenfalls reelle) Determinante $|M| = m_\mu m^\mu = m_0^2 -m_k^2 = \frac 12 \TR(M \bar M) $ ist die Lorentz-Invariante, also $|M|$ > $0$ für zeitartige, $|M|$ < $0$ für raumartige und $|M| = 0$ für lichtartige Vektoren.\\ Für Minkwoski-Matrizen bewirkt die bar-Operation $M\to \bar M $ offensichtlich eine Raum-Spiegelung (aller drei Koordinaten) bei ungeänderter Zeitkomponente.\\

Eine Lorentz-Transformation wird mit einer unimodularen Matrix $T,\; |T|=1$ beschrieben mit $\fbox\, M\to M' = TM \HC T\, (*)\,$. Eine solche Matrix $T$ hat drei komplexe (= 6 reelle) Freiheitsgrade, die die drei R3-Drehwinkel & die drei echten RZ-Transformationen (boosts) darstellen. Hermitezität $\HC{M'} = (TM \HC T)^\dagger = TM \HC T = M'$ und Invariante $|M'| = |T M \HC T| = |T| |M| | \HC T| = |M| $ bleiben dafür erhalten, da auch $ | \HC T| = |T|^\ast = 1 $. Die bar-Matrix $\bar M$ transformiert sich folglich mit $\bar M' = \overline{(TM \HC T) } = \bar \HC T \bar M\, \bar T.$ Die Umkehrformel zu $(*)$ ergibt sich durch beidseitige Multipl. zu $ M = \bar T M' \bar \HC T $.

Die Gruppe aller $T$ bildet eine Doppel-Darstellung der Lorentz-Gruppe, da $-T$ dieselbe LT wie $T$ beschreibt.\\ Die Gruppe heißt $SL(2,C)$ Spezielle lineare Gruppe (Wikipedia) (vom Grad 2 über dem Körper der komplexen Zahlen) und besitzt als Untergruppe die der unitären Matrizen $SU(2,C) \subset SL(2,C),$ für die zusätzlich gilt $\bar T = \HC T,$ und die die R3-Rotationen abbilden (isomorph zu den Einheits-Quaternionen).

Matrix-Exponentialfunktionen & Lorentz-Transformationen\\ Es sei $\vec x = (x_1,x_2,x_3)$ ein reeller Einheitsvektor $|\vec x|^2 = 1$ und $X \DEF x_k\sigma_k$ die daraus gebildete 2x2-Matrix. Dann gilt $\bar X = -X,\; \HC X = X$ und $X^2 = (x_k\sigma_k)^2 = I\sum x_k^2 = I.$ Wir definieren nun eine Matrix-Exponentialfunktion durch die Reihenentwicklung $ T(\lambda,X) \DEF e^{\lambda X} = I + \lambda X + \frac 1{2!}(\lambda X)^2 + \frac 1{3!}(\lambda X)^3 + \cdots = (1 + \frac 1{2!}\lambda^2 +\cdots)I + (\lambda + \frac 1{3!}\lambda^3 +\cdots)X = \UL{\cosh\lambda \cdot I + \sinh\lambda\cdot X}$.\\ Zu beachten ist, daß man wegen der Nichtkommutativität der Matrixmultiplikation die Argumente zweier Exponentialfunktionen i.A. nicht addieren darf: $e^{\lambda X} e^{\mu Y} \neq e^{\lambda X+\mu Y}$, wenn $XY\neq YX$!\\ Aus der Def folgt $\bar T = \overline{e^{\lambda X}} = {e^{\lambda \bar X} = e^{-\lambda X},$ d.h. $T$ ist für beliebig komplexes $\lambda$ unimodular: $|T| = 1,$ stellt also eine LT. dar. Außerdem ist $\HC T = \HC{(e^{\lambda X})} = e^{\HC{(\lambda X)}} = e^{\lambda^\ast X}.$\\ Für reelles $\lambda =\lambda^\ast$ ist $T= \HC T$ dann ein Lorentz-Boost in Richtung $\vec x.$ Für rein imaginäres $\lambda = i\mu$ erhalten wir $\HC T = e^{-i\mu X} = \bar T =$unitär. Damit stellt $T(i\mu,X) = e^{i\mu X}= \cos\mu \cdot I + \sin\mu\cdot X$ eine Drehung um die Achse $\vec x$ dar. (Ein gemischt komplexes $\lambda$ ergibt eine Kombination beider LT.)\\ Mit der Substitution $B\DEF \tanh(\lambda) X \DEF b_k\sigma_k$ kann man einen allg. Lorentz-Boost auch in der Form $\UL{T = \frac 1{\sqrt {1-B^2}}(I+B)}$ darstellen. Die drei reellen $b_k$ entsprechen dann dem relativist. Geschwindigkeitvektor $\beta_k = -\frac {2b_k}{1+B^2},$ also $\UL{\vec\beta \DEF -\frac {2B}{1+B^2}}.$ Das beweist man mit der Transformation von $\vec x_0 = \vec\beta t$, d.h. des Minkowski-Vektors $X \DEF t I + \vec\beta t = t(I+\vec\beta)$.\\ Dieser wird abgebildet auf $X' = T X \HC T = \frac t{1-B^2}(I+B)(I+\vec\beta)(I+B) = \frac t{1-B^2}(I+B)(I - \frac {2B}{1+B^2})(I+B).$ Da in diesem Produkt alle Matrizen kommutieren, ergibt sich \[ \UL{ X' \DEF t'I + \vec x_0'} = \frac t{1-B^2}(I+B)^2(I - \frac {2B}{1+B^2}) = \frac t{1-B^2}(I+ 2B + B^2)(I - \frac {2B}{1+B^2}) = \frac t{1-B^2}[1+ B^2 - \frac {4B^2}{1+B^2}]I = t\frac {1-B^2}{1+ B^2}I = \UL{t\sqrt{1-|\vec\beta|^2}I}, \] also der Zeitpfeil der Eigenzeit $t' = \tau = t\sqrt{1-|\vec\beta|^2} $ im neuen KS-Ursprung $\vec x_0' = 0.$

Lagrange-Dichte und Variations-Ableitung für Matrizen\\ Die Lagrange-Dichte ist stets ein Skalar, der als Summe von Spuren von Matrix-Produkten gebildet wird: $\LAGR = \TR (AXB\cdots) + \TR(CDX\cdots) +\cdots $. Um die Variations-Ableitung nach der Matrix $X$ zu berechnen, benutzt man die zyklische Vertauschungs-Regel für die Spur von Produkten und normalisiert sie zu $\UL{\LAGR(X)} = \TR (XB\cdots A) + \TR(X\cdots CD) +\cdots = \UL{\TR (X Y)}$ mit der Matrix $Y\DEF B\cdots A + \cdots CD + \cdots$\\ Es sei $X \DEF x_\mu \sigma_\mu, \; Y \DEF y_\mu \sigma_\mu$. Die Variations-Ableitung nach $x_\mu$ ist dann $ \frac {\partial \LAGR}{\partial x_\mu} = \frac {\partial}{\partial x_\mu} (x_\mu\TR(\sigma_\mu Y)) = \TR(\sigma_\mu Y) = y_\nu \TR(\sigma_\mu \sigma_\nu) = y_\nu 2\delta_{\mu\nu}= 2y_\mu$ und damit $\sigma_\mu\frac {\partial \LAGR}{\partial x_\mu} = 2 \sigma_\mu y_\mu = 2 Y$. Wir definieren also $\UL{\frac {\partial \LAGR} {\partial X} \DEF \frac 12\sigma_\mu\frac {\partial \LAGR}{\partial x_\mu}}$ und erhalten $ \UL{ \frac {\partial \TR (X Y)}{\partial X} = Y}.$ (Der Faktor $\frac 12$ ist eine Konvention, die keine direkte Auswirkung hat, da die Euler-Lagrange-Gln stets homogen sind.)\\ Falls $X$ auch in $Y$ auftaucht (bilineare Formen), muß das für jeden Faktor einzeln erfolgen (Produktregel).\\ Analoges gilt für das skalare Produkt von Spinoren, zB für $\LAGR = \HC\Phi \Psi =$skalar, wird definiert $\frac {\partial \LAGR}{\partial \HC\Phi} = \Psi.$

    W. Köhler     wolfk.wk@gmail.com